Seltsame Turnschuhe, Schallplattenspieler als Musikinstrumente, Robotertanz… das alles gab es nicht. Zumindest nicht bis ein Film mir eine ganze Welt öffnete.
Es gehörte wohl in der DDR der 80er Jahre dazu, dass der Blick auf der Suche nach Jugendkultur gen Westen gerichtet war. Bei mir und meinen Freunden zumindest war das so, auch wenn im Armeeblock im Plattenbauviertel Schwerin Lankow kein Westfernsehen zu bekommen war und selbst wenn: der alte Fernseher hätte es nicht empfangen können. Ostjugendkultur, das waren die Puhdys und Jessica… „Action“-Kosmetik und oft das Blauhemd. Alles ok, man nahm ja, was man kriegen konnte, aber der Westen, das war die Videoclip-Sendung Formel 1, das waren Poster aus der Bravo, Depeche Mode, The Cure, Punk und Parka.
Doch es gab seltsame Lichtblicke in der DDR-Kulturpolitik und zu einem gehörte, dass der Film „Beatstreet“ in den Kinos und später auch im Fernsehen lief. Produzent dieses Hip-Hop-Streifens war nämlich Harry Belafonte und der war ein guter, fanden die Funktionäre.
Was dieser Film in der DDR entfacht hat, ist heute kaum zu ermessen. Die gesamte Vielfalt des Hip Hop in einen Film gegossen schwappte plötzlich in das kleine Land, Breakdance und Grafitti, DJ-Kultur und Rap… Es gibt ein paar Dokumentationen, in denen die Protagonisten davon erzählen. Einfach Tante Google fragen…
Ich hatte den Film, wie so viele, mehrfach gesehen – zuletzt hatte ich einen Kassettenrekorder an den Fernseher gestöpselt und die Musik mitgeschnitten, die lief dann in Dauerschleife neben der Tischtennisplatte, die nur ein Tisch mit Brett als Netz war, auf dem Heuboden unserer Scheune.
Doch wie lebt man eine Jugendkultur, wenn die Zutaten fehlen? Eine Crew Gleichgesinnter aufzutreiben, das hab ich gar nicht erst versucht. Dorf, das war Metal.. lange Haare, Stromgitarren und Bier. Der Plattenspieler der Eltern war heilig, weil teuer. Nicht anfassen. Beim Tanzen stieß ich an Grenzen, am Mikrofon fühlte ich mich auch nicht wohl, denn es führte zu nichts. Also das Kabel führte nirgendwohin. War ja kein echtes Mikrofon, sondern eins aus Holz mit Band dran.
Um dennoch irgendwie dazu zu gehören, zu diesen coolen Leuten, hab ich die Tür bemalt, mit allem, was an Farbresten zu finden war in der Werkstatt meines Großvaters. Mit dem Pinsel natürlich und mit Motiven, die ich aus dem Film in Erinnerung hatte. Hat nur nie jemand gesehen. Bis heute. Denn weil ein Heuboden kein Ort großer Veränderungen ist, gibt es die Tür noch. Und weil ich offenbar wollte, dass meine Arbeit die Zeit überdauert, steht da sogar ein Datum.